Um neue Werbekonzepte war Google noch nie verlegen. Branchenkenner sind daher keineswegs überrascht, dass der weltgrösste Suchanbieter nun die Einführung einer Werbeform angekündigt hat, die Schule machen könnte. Die Plattform trägt den Namen „Shop The Look“ und basiert auf der Erkenntnis, dass ein Grossteil der Mode-Shopper ihre Kaufentscheidung anhand von Empfehlungen trifft, die von Modeblogs stammen. Durch die gezielte Ansprache von potenziellen Kaufinteressenten durch individualisierte AdWords-Anzeigen sollen künftig höhere Verkaufszahlen und bessere Konversionsraten erzielt werden.
Verbindung von Bloginhalten, sozialen Medien und Bildersuche
Um an Informationen über bestimmte Modetrends bzw. -Looks zu kommen, durchforsten Modefans in erster Linie die sozialen Medien und themenrelevante Blogs. Hinzu kommen Bilder und Videos, die über die Google-Suche abgerufen werden können. Freilich finden sich auch in Online-Shops Bilder – hier ergibt sich allerdings das Problem, dass man oft erst eine Weile danach suchen muss. Dass der aufgerufene Shop überhaupt Produkte verfügbar hat, die zu dem gesuchten Look passen, ist keineswegs sicher. Zudem, so Google, sind sich über 90 Prozent der User nicht darüber im Klaren, welche Marken oder Produkte sie eigentlich kaufen möchten. Die Zusammenführung verschiedener Informationsquellen in einer individualisierten Werbeform ist daher nur konsequent.
„Shop the Look“ erinnert an einen Modekatalog
Mode-Shopper lieben es, in Katalogen zu stöbern. Die Macher von „Shop The Look“ haben dieses Prinzip aufgegriffen und eine Werbeform entwickelt, die sich ebenfalls wie ein Modekatalog präsentiert. Der entscheidende Unterschied zu Papierkatalogen besteht darin, dass der Nutzer innerhalb weniger Sekunden passende Produkte angezeigt bekommt, die mit wenigen Klicks bestellt werden können. Nach der Eingabe eines Suchbegriffs gelangt der User auf eine Seite, auf der verschiedene Outfit-Ideen und Beispiel-Looks dargestellt werden. Berührt der Nutzer eines der Bilder, wird er auf eine separate Seite geführt, auf der sämtliche Komponenten des jeweiligen Looks angezeigt werden – von den Schuhen bis zur Kopfbedeckung. Ein weiterer Klick stellt eine Verbindung zu einem Webshop her, der das gesuchte Kleidungsstück im Sortiment hat.
Grosse technische Herausforderung
Die Umsetzung des neuen AdWords-Anzeigenformats für Desktoprechner und Notebooks dürfte den Verantwortlichen bei Google wenig Mühe bereiten. Anders sieht es im Bereich der Smartphones aus: Hier steht wesentlich weniger Platz zur Verfügung, was die Aufgabe enorm erschwert. Da inzwischen mehr als 50 Prozent aller im Online-Handel erzielten Umsätze über mobile Endgeräte generiert werden, sind die Entwickler gewissermassen zum Erfolg verdammt. Da Google über grosse finanzielle Spielräume verfügt, ist jedoch davon auszugehen, dass die neue Plattform mittelfristig ebenso zuverlässig funktionieren wird wie die AdWords-Textanzeigen, die nach wie vor eine der wichtigsten Einnahmequellen des amerikanischen Internet-Giganten sind.
Joint Venture mit stark frequentierten Modeportalen
Um eine maximale Zahl von Usern anzuziehen, hat Google ein Joint Venture mit bekannten Modeportalen wie Polyvore, Curalate und liketoknow.it gestartet. Derartige Plattformen haben in der Modewelt eine enorme Reichweite und werden vornehmlich von Frauen, aber auch von Männern frequentiert, die gezielt nach Trend-Looks suchen. Die durch die neue AdWords-Werbung generierten Einnahmen werden zu gleichen Teilen unter Google, dem beteiligten Portal und dem Hobby-Model aufgeteilt, das sich für die Präsentation des gesuchten Looks zur Verfügung gestellt hat. Selbstverständlich sind bei den „Shop The Look“-Suchresultaten auch grosse Modelabels vertreten, die ihre Produkte von professionellen Models präsentieren lassen.
Testlauf in den USA
Google zufolge werden die neuen AdWords-Inserate vorerst nur in den Vereinigten Staaten geschaltet. Die Darstellung der Anzeigen beschränkt sich auf die mobile Websuche. Der Testlauf soll die Antwort auf die Frage liefern, ob mobile AdWords-Kampagnen mit „Shop The Look“-Inseraten erfolgreicher verlaufen als herkömmliche Textanzeigen-Kampagnen. Um möglichst viele potenzielle Kunden anzusprechen, hat Google einen speziellen Algorithmus entwickelt, der Ausschau nach Stichwörtern wie „Kleid für Maskenball“ oder „Brautkleid lang“ hält. Wann das System zur Marktreife gelangt und „Shop The Look“-Anzeigen auch in anderen Ländern geschaltet werden können, hängt ganz vom Resultat des Testlaufs ab.
Individualisierte Online-Werbung: Ein rasant wachsender Wirtschaftszweig
Das Mobile Advertising-Segment ist der am härtesten umkämpfte Bereich der Onlinewerbung. Sollte sich das „Shop the look“-Konzept durchsetzen, hätte dies weitreichende Auswirkungen – nicht zuletzt auf die Einnahmen des Google-Konzerns, der bestrebt ist, auf dem Markt für individualisierte Werbung eine führende Position zu erobern. Die Chancen dafür stehen gut: Die Nachfrage nach neuen Werbeformen ist riesig – dies wird unter anderem dadurch untermauert, dass bei einem ersten „Shop The Look“-Test höhere Gebote als bei Textanzeigen nötig waren, um in die Suchergebnisse eingebunden zu werden. Wenn die Konversionsraten in gleicher Weise ansteigen, könnte sich diese zusätzliche Ausgabe für die Anzeigenkunden durchaus rechnen. Gleichzeitig würde sich das Problem erledigen, dass die Vermarktung von Textilien per AdWords oftmals schwierig ist, weil die Zielgruppe nicht klar definiert ist.